Berlin Kaléidoscope | Linden 21 | HIMMELERDE


Credit: Staatsoper Unter den Linden | Marcus Ebener

Über die gesamte Spielzeit der Staatsoper unter den Linden finden seit Beginn des Jahres 2019 Produktionen und Projekte mit neuen Aufführungs- und Rezeptionsformen des zeitgenössischen Musiktheaters statt, bei denen Kammeropern ebenso vertreten sind wie inszenierte Konzerte oder Stückentwicklungen. So erstmals auch ein bisher einzigartiges Stück auf großer Bühne mit dem Titel HIMMELERDE.

Applaus für ein MaskenMusikTheater vom Feinsten, inszeniert von Michael Vogel als gemeinsame Produktion der Familie Flöz und Musicbanda Franui mit der Staatsoper Berlin in Koproduktion mit dem Theaterhaus Stuttgart und den Ludwigsburger Schlossfestspielen, in dessen Genuss Berliner*innen und Gäste noch zweimal im April kommen können.

Wie geht das zusammen: Maske, Musik und Gesang? Spätestens seit der Uraufführung am 17. Januar im großen Saal der Staatsoper zeigt sich, dass es in 100 Minuten am Stück durchaus möglich ist, Maskenspiel, Improvisation, Tanz und Schauspielkunst mit live spielender Orchestermusik und Sänger*innen auf höchst beeindruckende Weise unter einen Hut zu bringen. Und das dann auch noch mit Liedern der Romantik über Liebe, Tod, Sehnsucht und Hoffnung.


Mats Süthoff, Anna Kistel, Hajo Schüler und Björn Leese (Maskenspiel) | Credits: Bernd Uhlig


Kenner der Lieder von Schubert, Mahler, Schumann und anderer Komponisten erleben an einem solchen Abend ihre Idole überraschenderweise von einer völlig anderen Seite. Klassikmuffel hingegen bekommen womöglich sogar noch Lust drauf, sich im Nachhinein die aufgemischte Musik alter Meister im Original anhören zu wollen. Zumal im Programmheft fast 20 Liedtexte nachzulesen sind.


Musicbanda Franui und Mats Süthoff | Credits: Bernd Uhlig

Weinen und Lachen: wie nahe liegen diese Gefühle beieinander? Wie nah genau, durften die Musiker*innen von Franui schon vor über 25 Jahren selbst in Erfahrung bringen, als ihr künstlerischer Weg auf einem Friedhof begann. Seither vermag es die Osttiroler Musicbanda mit ihrer nicht wirklich eindeutig erklärbaren musikalischen Erzählweise, die schon gar nicht in irgendeine Schublade passt, das deutsche Lied aus einer Art feierlichen Verkrampfung zu erlösen, es mit herrlich alpenländischem Witz zu versehen und zu neuem Leben zu erwecken. Zumal für die Franuis die Musik sowieso nur dann gut ist, wenn sie einen zu sich selbst bringt, etwas in Gang setzt und Unmittelbarkeit erzeugt. Etwas, was ansatzweise vergleichbar ist mit dem, was seit langem schon dem Maskentheater der Familie Flöz durch sein komödiantisch-poetisches Spiel mit den - den ganzen Kopf umschließenden Masken - erfolgreich gelingt.

Aktuell wird in der „Liederoper“, die im übrigen keiner linearen Handlung folgt, das Zusammenspiel der beiden Ensemble durch die Sängerin Anna Prohaska und dem Sänger Florian Boesch noch erweitert. Beide - unauffällig ins Geschehen eingebunden - konzentrieren sich ganz und gar auf ihre jeweiligen Maskenfiguren, denen sie das zur Verfügung stellen, was diese wiederum spielerisch „durch die Maske durch“ umsetzen und damit mitunter tief berührende Emotionen beim Publikum freisetzen.

Auch wenn der geteilte Teaser nur ansatzweise drei Minuten lang einen Eindruck von dem vermitteln kann, was Besucher*innen vor Ort erwartet, lohnt das Vorab-Hineinträumen in eine surreal anmutende Welt sicher allemal (Quelle):



Alles in allem ein gelungenes experimentelles MaskenMusikTheater, welches zwei außergewöhnliche Ensembles und Sänger*innen vereint und zeigt. Noch einmal live in Berlin zu erleben am 6. und 7. April 2019 in der Staatsoper unter den Linden: Details.


Einzeln anklickbare Fotos | Credits: Bernd Uhlig


Viel Spaß bei der Erkundung des Seelenlebens der deutschen Romantik wünscht Elisabeth Heller mit dem Hinweis auf ein Interview, welches die Dramaturgin Jana Beckmann vor der Premiere am 17. Januar 2019 mit Michael Vogel, Hajo Schüler (Familie Flöz), Andreas Schett und Markus Kraler (Musicbanda Franui) über den Entstehungsprozess des Maskenmusiktheaters führte:

»Vom Friedhof zum Tanzboden sind es nur ein paar Schritte«

Elisabeth Heller | 2019

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Weitere Informationen


Franui! Das ist der Name einer Almwiese in Osttirol und Inspiration für die gleichnamige Musicbanda, sich mit Trauermärschen, Tanzbodenstücken und klassischer Musik neu auseinandersetzt, weiterkomponiert und weiterdenkt. Das sind Musiker, die nicht nur Lieder wiederkäuen oder „normal“ herunternudeln, sondern musikalische Themen immer weiterspinnen. Und das auf eine doppelbödige Art mit viel Witz, Spannung und Andacht.

In dem Zusammenhang sei rückblickend auf einen Film verwiesen, zu dem die FRANUImusic auf ihren Videokanal bis heute einlädt ihn anzuschauen: Franui | Klassik auf der Alm

Passend dazu auch noch der CD-Tipp von Oswald Beaujean zum Nachhören: CD - Franui | Tanz! (Franz)





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