ReiseBerichte | Neuseeland


Entdeckungen in Neuseeland | Die Wunderwelten der Natur | Teil 1

Gern präsentiert sich die Tourismusbranche Neuseeland als das kleine Land im endlosen Pazifik. Doch bei genauerem Hinsehen ist die Fläche Neuseeland von 268.000 Quadratkilometern etwa ähnlich groß wie Großbritannien und Deutschland ist mit 357.380 Quadratkilometern nur etwas größer. Das Land im Südpazifik mit einer Nord-Südausdehnung von 1700 Kilometern bewohnen nur etwas mehr als vier Millionen Menschen. Also hält Neuseeland für die wachsende Zahl von Touristen jede Menge Platz bereit.


Pohutu Geysir auf der Nordinsel


Auch die Reisenden, die den Sommermonaten zur Hochsaison in Neuseeland unterwegs sind (Januar und Februar in Europa), müssen keine überquellenden Straßen, Strände und Wanderwege befürchten. Zumal auch die Küsten der Nord- und Südinsel sich nahezu endlos ausstrecken. In Auckland wie auch auf den anderen großen Flughäfen in Wellington und Christchurch überall trifft der ankommende Reisende auf das gleiche Prozedere der Begrüßung.


Kontrolle durch Vierbeiner

In Neuseeland wird das Einfuhrverbot von Lebensmitteln sehr scharf kontrolliert, sogar mit extra ausgebildeten Suchhunden. Im Unterschied zu dem freundlich mit dem Schwanz wedelnden kleinen Suchhund - mindestens drei solcher Exemplare würden in einen ausgewachsenen deutschen Schäferhund passen - schauen dafür die ihn begleitenden Damen in Uniform vom Zoll streng und ganz offiziell auf die Massen der vorbeiziehenden Touristen. Bei mir interessiert sich tatsächlich ein Such-Hund intensiv schnuppernd für den Rucksack. Seine Nase trügt nicht, in Deutschland steckte in diesem Rucksack manchmal Obst, der Geruch ist geblieben. Überall hängen Schilder, die darüber informieren, dass ein widerrechtliches Mitführen von Lebensmitteln jeder Art sofort mit einer Strafe von mindestens 400 Neuseeland-Dollar belegt wird. Da kann ein kleiner unschuldiger Apfel richtig teuer werden.


Naturphänomene aus der Erdkruste

Die Region um den Ort Rotorua steht auf der Nordinsel an der Spitze der Attraktionen für Touristen. Und das ist auch nicht verwunderlich. Denn der kleine Ort Rotorua am gleichnamigen See ist quasi die Welthauptstadt der am besten zugänglichen Geothermalgebiete auf der Erde. Und auch die an einigen Stellen damit verbundene Duftnote von aufsteigendem Schwefelwasserstoff (Geruch von faulen Eiern) bremst keineswegs die Neugier der Touristen. Mitten im Ort liegt der Kuirau-Park, angelegt in bester englischer Gartenbau-Tradition.



Hier steht auch eine Anlage, die geothermisch den heißen Untergrund für die Energieproduktion nutzt sowie außerdem ein überdachtes Tauchbecken mit warmem Thermalwasser, in dem jeder seine Füße baden kann. Doch der Park mit seinen rauchenden Thermalquellen und kleinen dampfenden Kratern ist nur ein kleiner Vorgeschmack auf das 30 Autominuten entfernte Wai-O-Tapu Wonderland der heißen Quellen nahe der Ortschaft Tapu. Es hat auf einer Fläche von 18 Quadratkilometern jede Menge kollabierte Krater, heiße und kalte Seen, hoch kochende Schlammtümpel und dampfende Erdspalten zu bieten. Alles das ein Ergebnis von Vulkanen, die vor 160.000 Jahren ausbrachen und diese bizarre Landschaft formten.

Pünktlich um 10.15 Uhr tritt dann täglich Geysir Lady Knox auf. Wie in einem Amphitheater haben sich hunderte Touristen auf langen Sitzreihen versammelt. Mit der Zugabe von seifigen Tensiden beginnt der Geysir gehorsam eine bis zu zehn Meter hohe Wasser-Chemikalien Fontäne nach oben zu schießen. Hunderte von Kameras aller Formate und Größen starten ein heftiges Klick-Feuerwerk.


Champagne Pool orange eingerahmt

Auf den Wanderwegen im Gelände ist viel zu bestaunen. Da gibt es schwefelreich dampfende Krater (Devil`s home) und die runden Schlammtümpel (Devil`s Ink Pots – Tintenfässer des Teufels). Eine besondere Attraktion ist zweifellos der Champagne Pool, dessen Quelle einen Durchmesser von 65 Metern und eine Tiefe von 62 Metern aufweist. Seine Wassertemperatur liegt bei 74 Grad Celsius und durch Kohlendioxid entstehen aufsteigende Perlen. Der Pool mit einem grauen orange Rand eingerahmt enthält mineralhaltiges Wasser mit Anteilen von Gold, Silber, Arsen, Quecksilber, Schwefel. Das Wasser ist auch reich an Siliziumoxid, das sich beim Verdunsten ablagert und über Jahrhunderte Terrassen bildet.


Der Champagne Pool

Devils Bath


Die Besucher kommen angesichts der Vielzahl von Kratern und Geysiren aus dem Staunen nicht heraus. Und dennoch bleibt der Kratersee Devil`s Bath mit seiner dunkelgrün leuchtenden Wasserfarbe, hervorgerufen durch Arsensulfide, besonders ihn Erinnerung. Diejenigen Bildmotive sind besonders attraktiv, in denen Kraterseen von einer grünen Landschaft und Bergen im Hintergrund eingerahmt werden.


Das begrabene Dorf Te Wiaroa

Nicht weit entfernt kann der Tourist in der Nähe des Sees Taraweraia ein anderes Ergebnis von Vulkantätigkeit besichtigen. Hier ist in einem Museum mit einer großen gepflegten Parkanlage das von Vulkanasche und Vulkanschlamm begrabene Dorf Te Wairoa zu besichtigen („Buried Village“). Im Jahr 1886 hatte der Vulkan Tarawera große Teile des Dorfes unter einer Schlamm- und Geröllschicht begraben. Viele Bewohner wurden verschüttet, 120 von ihnen verloren ihr Leben. Unter ihnen ein junger Reisender aus England. Er hatte in dem in viktorianischen Stil errichteten Hotel Schutz gesucht, dass in der Nähe des Vulkans errichtet wurde, um sozusagen vor der Hoteltür pinke und weiße Sinter-Terrassen aus Opal-Mineralien zu besichtigen. Sie entstanden in Jahrtausenden als Ablagerungen von zwei Geysiren und galten als achtes Weltwunder. Andere Gäste hatte mehr Glück und überlebten, weil sie sich in Hütten des Maori-Dorfes retteten. Das Leben mit Naturgewalten.


Museum in Te Wairoa

Maori-Hütte schützte vor Vulkanasche


Eigenes Badebecken am Strand

Die Touristen können den Natur-Phänomenen in Neuseeland oft hautnah auf die Pelle rücken. Ein Strand in der Nähe des kleinen Ortes Hahei auf der Halbinsel Coromandel macht es möglich. Es braucht keine Hinweisschilder, um den Hot Water Beach zu finden. Vom Parkplatz, der 20 Minuten Fußweg vom Strand entfernt ist, bewegt sich ein kleiner Strom von Urlaubern Richtung Küste. Besonderes Kennzeichen: Alle haben eine Schaufel oder einen Spaten bei sich. Denn schließlich dreht sich alles darum, im Zeitraum der Ebbe von etwa zwei Stunden auf dem Strand ein eigenes kleines Bade-Bassin zu graben. Die heißen Quellen, die unter dem Sand sprudeln, sorgen für warmes und manchmal sogar sehr heißes Wasser. Gräbt man an der richtigen Stelle, bringen zur Flut die Wellen des aufsteigenden Meeres eine Abkühlung.


Hot Water Beach


Manche Schilderungen in Reiseführern schwärmen davon, an bestimmten Stellen Neuseelands mutterseelenallein im selbst gegrabenen Becken sich von Thermalquellen erwärmen zu lassen. Das soll es wirklich geben. Hier am Hot Water Beach bei Hahei graben auf einigen einhundert Meter Strand geschätzt mindestens 500 Urlauber ihre Badebecken - Alltag im Massentourismus. Wer anschließend im Meer badet, muss auf der Hut sein, den die Wellen des Pazifik schlagen hier gefährlich hoch.


Der Kauri-Baum ist der Star

Der Kauri-Baum ist der größte und berühmteste der in Neuseeland beheimateten Bäume und wächst im gemäßigten Regenwald der Nordinsel. Einst bedeckten sie große Teile der Insel. Heute gibt es nur noch wenige Exemplare.

Von Auckland etwa 120 Kilometer Richtung Norden entfernt, erstreckt sich an der Westküste der Waipoua Kauri Forest. Das Kauri-Museum in Matakohe präsentiert seinen Besuchern ganz unaufgeregt den Star des Urwaldes, der bis zu 4.000 Jahre alt werden kann. Seit der Besiedlung von Neuseeland schon durch Urbarmachung mittels Brandrodung dezimiert, wurden die Giganten ein Exportschlager und drohten der Holzindustrie zum Opfer zu fallen.

Schließlich stellte die Regierung die Riesenbäume vor 60 Jahren unter Naturschutz.


Die ersten Siedler aus dem Ost-Pazifik fanden vor 800 Jahren Inseln vor, die zu 95 % mit Wald und Bergen und nur zu 5 % mit Grasland bedeckt waren. Bis 1840 reduzierte sich der Waldbestand auf 55%. Heute liegt der Wert noch bei 25 %.

Ein großes Thema im Museum ist das Blut des Kauri-Baumes. Das Kauri-Harz ist der neuseeländische Bernstein. Nach ihm wurde viele Jahrzehnte intensiv wie nach Goldnuggets gegraben, er wurde weltweit exportiert sowie sehr vielfach künstlerisch bearbeitet.

Das Museum rühmt sich, über die größte Harz-Ausstellung der Welt zu verfügen.

Bildunterschrift: Tane Mahuta, der älteste lebende Kauri


Tane Mahuta - Herr des Waldes

Nur wenige Kilometer weiter auf dem Highway 12 kann der Besucher den größten noch existierenden Baum im Kauri Forest selbst in Augenschein nehmen.

Abenteuerlich ist wie zu den meisten Naturwundern in Neuseeland schon der gut präparierte Weg durch den immergrünen Urwald mit seinen riesigen Farnblättern. Nach 12 Minuten Fußweg steht man dann vor ihm und hält den Atem an: Tane Mahuta, in Maori-Sprache „Herr des Waldes“.

Seine Gesamthöhe beträgt 51,5 Meter, der Umfang seines Stammes misst 31,8 Meter und sein Alter wird auf 2000 Jahre geschätzt. Mit zunehmender Höhe werden die unteren Äste nach und nach abgeworfen.

Bildunterschriften: Lord of the forest

Die obersten Äste bilden sich irgendwann zu einer dichten breiten Krone aus, die alle anderen Bäume überragt und den Wald dominiert. Der Stamm wächst zunehmend zu einer mächtigen Säule ohne Äste heran.

Nach der Kosmologie der Ureinwohner ist Tane der Sohn von Ranginui, dem Himmelsvater und Papatuanuku, der Mutter Erde. Für die weißen Siedler heißt er nur: The Lord of the Forest. Und für die Touristen ist es ein einmaliger Anblick.


Text und Foto: Ronald Keusch, März 2018