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2009 wurde in einer der ältesten Autobahnmeistereien eine Ausstellung zur Geschichte der deutschen Autobahnen eröffnet, die sich zunehmender Beliebtheit erfreut.

Autobahnen sind bekanntlich die Lebensadern der Wirtschaft. Aber diese kreuzungs- und gegenverkehrsfreien Schnellstraßen sind durchaus keine deutsche Erfindung. Denn bereits 1924 wurde in Italien das erste Teilstück der heutigen A 8 zwischen Mailand und Varese eröffnet. Hierzulande gab es erst acht Jahre später die Verkehrsfreigabe für die 20 km lange Kraftfahr-Straße, wie die jetzige A 555 zwischen Bonn und Köln damals genannt wurde. Inzwischen umfasst das deutsche Autobahnnetz über 13 000 km und ist damit – nach China (130 000 km), den USA (77 000 km) und Spanien (17 100 km) – das viertlängste der Welt.


Autobahnmeisterei Erkner

Vor fast 90 Jahren begann der Bau

Der propagandistisch begleitete Ausbau der Reichsautobahnen begann Ende 1933. Ursprünglich sollte das geplante Grundnetz von 7000 km bis 1942 fertig sein. Im Dezember 1937 wurde östlich von Berlin, an der Anschlussstelle Erkner, der 2000. km fertiggestellt. Bei Kriegsende gab es nicht einmal insgesamt 3900 Autobahnkilometer. Ein vergleichender Blick zwischen den Karten der Reichsautobahnplänen von 1934 und dem aktuellen Straßenkartenmaterial ergibt eine ziemliche Übereinstimmung der Streckenführungen.

Knapp zwei Jahre nach der Vollendung der Autobahnanschlussstelle Erkner wurde dort am 1. Juni 1939 die Reichsautobahn Straßenmeisterei behelfsmäßig eröffnet. Nach provisorischen Büroräumlichkeiten konnte der dortige Straßenmeister Holzapfel dann 1941 endlich in ein neues Verwaltungsgebäude einziehen, in dem er auch seinen Wohnsitz nahm. Seit Anfang 1942 überragt ein knapp 21 m hoher Splittturm die Flachbauten auf dem Gelände. Er fungierte bis in die 1950er Jahre als Streugutsilo. Danach wurde das Bauwerk teilweise als Lagerraum genutzt. Allerdings achtete die Autobahnmeisterei darauf, dass die Bausubstanz dieses historischen Relikts erhalten bleibt. 2007 begann eine Sanierung, bei der auch die Elektroanlage erneuert wurde. Selbst die im Turm vorhandene Fördertechnik ließ sich unkompliziert wieder aktivieren. Da wurde dann die Idee geboren, dieses Technikdenkmal als Grundstock für eine dokumentarische Ausstellung über die deutsche Autobahngeschichte zu nehmen.

Dokumente und Originale

Anhand von Fotos, Modellen und Originalen wird die Autobahnentwicklung von der ursprünglichen Idee bis zu den gegenwärtigen Aktivitäten und Problemen dokumentiert. Ein breiter Raum nimmt dabei die Entwicklung des 196 km langen Berliner Ringes (A 10) ein, dessen Bau erst zu DDR-Zeiten in den 1970er Jahren tatsächlich vollendet wurde.

Bei dem gut zweistündigen Rundgang berichtet der Leiter dieser autobahngeschichtlichen Sammlung, Andreas Müller, unter anderem auch über die Geschichte der Berliner-Bären-Darstellungen an den einstigen Brückenpfeilern. Was ist aus diesen steinernen Symbolgeschöpfen geworden, als die ehemaligen Überführungsbauwerke wegen des Autobahnausbaus abgerissen werden mussten? Die Besucher erfahren es detailliert.

Zahlreiche Stufen führen auf die obere Plattform des einstigen Splittturms, an dessen Wänden die verschiedensten Dokumente zu sehen sind. Während des Aufstiegs erläutert Andreas Müller viele Einzelheiten. Im restaurierten Obergeschoss setzt er schließlich das Becherwerk in Gang, das laut polternd den einstigen Splitttransport nachvollziehen lässt.

Historische Ansichtssachen

Unmittelbar vor dem Turmeingang gibt es Winterdiensttechnik aus den verschiedenen Jahrzehnten zu sehen. Zu den Besonderheiten gehört eine dieselelektrische Raupenschneefräse (Baujahr 1941), die die Autobahnmeisterei 2013 für ihre Sammlung erhielt. Das riesige Gefährt mit dem MAN-Motor ist nicht mehr funktionstüchtig. Dafür erklären Schaubilder, wie alles einmal funktionierte. Aber Andreas Müller lässt per Stromkabel zumindest einmal die beiden gigantischen roten Schneeschaufeln rotieren. Bild: Wintertechnik

Zur Autobahngeschichte gehören gleichfalls die verschiedensten Formen der Kilometermarkierungen sowie die Notrufsäulen, die im Original auf der Freifläche stehen. Ausgestellt sind auch die unterschiedlichsten Brückenlager. Sogar ein Teil der ursprünglichen Fahrbahn der heutigen A 11 ist zu sehen. 80 Jahre rollte der Verkehr über diese Betonplatte. An einem anderen Schauobjekt erläutert Andreas Müller anschaulich was es mit dem Betonkrebs auf sich hat und wie dieser sich unmittelbar auswirkt. Das größte Exponat dieser umfassenden Ausstellung steht unweit des Eingangsbereiches der Autobahnmeisterei: Ein Teil der Rüdersdorfer Brücke, die in den 1990er Jahren saniert wurde und perspektivisch durch einen Neubau ersetzt werden soll. In den Jahren ihres Bestehens erfreut sich die Ausstellung immer größerer Beliebtheit. Andreas Müller konstatiert ein zunehmendes Besucherinteresse. Die autobahngeschichtliche Sammlung der Autobahnmeisterei Erkner kann allerdings nur nach Voranmeldung besucht werden. Interessierte sollten sich über E-Mail (info@autobahnmeisterei-erkner.de) anmelden. Für den Besuch mit der Führung durch diese einmalige umfangreiche Exposition wird kein Eintritt verlangt. Dafür sind freiwillige Spenden von den Gästen aber stets willkommen. Bild: Kilometermarkierungen

Text: Herbert Schadewald | Fotos: Gabriele und Herbert Schadewald | Oktober 2022

Weiterführendes

Autobahnmeisterei Erkner

Die heutige Autobahnmeisterei befindet sich an der A10 bei der Anschlussstelle Erkner, Grünheide, Berlin-Köpenick. Die Meisterei besteht aus dem Verwaltungsgebäude, der Werkstatt, einer Halle für die Kraftfahrzeuge, dem historischen Siloturm mit unserer autobahngeschichtlichen Sammlung, der Salzhalle und einer Kleingerätehalle. Weiterlesen ...