MediaBox | LeseBuch


Unter dieser Rubrik finden Sie LeseTipps für unterschiedlichste Publikationen als Anreiz dafür, neugierig und selbst cre-aktiv zu werden oder selbst zum Stift zu greifen.

Musik - ein Fest für's Leben

Ob Scala, Met, Berliner Staatsoper, Semperoper oder Elbphilharmonie - wenn Opernhäuser und Konzertsäle geschlossen sind, fehlen Dirigent*innen und Orchestern das Publikum und dem Publikum das Live-Erlebnis, Gesang und Spiel, das Hören ...

Was Musiker*innen die lebensnotwendige Kost bedeutet, erzählen sie im Musik-Kalender 2022. Verbunden mit der großen Hoffnung auf ein Jahr, in dem wieder live gesungen und gespielt werden kann. Künstler*innen beschreiben auf Wochenseiten in Briefen und Tagebüchern, was sie bewegt. So wurden auch Gedanken der in Vergessenheit geratenen französische Komponistin Mel Bonis (1858 - 1937) in der Woche vom 14. bis 20. März 2022 zu Papier gebracht:

"Die Musik, dieser Ausdruck des Göttlichen, ist in ihrer Unbestimmtheit klarer als die Rede der Wörter, über deren Sinn niemand einig ist. Sich durch Musik zu verstehen bedeutet, derselben geistigen Familie anzugehören, da werden Verbindungen, tiefe Sympathien zwischen Menschen geschaffen, die durch Zeit oder Raum getrennt sind. Die Musik ist wie das Wesen der Seele, man versteht sich nur unter Menschen, die seelenverwandt sind."

Der Kalender ist im Grunde ein bleibendes Buch - vollgepackt mit Wissenswertem aus der Welt der Musik. Wunderschön und als Weihnachtsgeschenk unbedingt empfehlenswert. Einen Mausklick entfernt besteht auf der Verlagswebsite die Möglichkeit, sich vorab schon mal durch die Kalenderseiten zu bewegen: edition momente



Über Coverklick zur LeseProbe

Ebenso vollbepackt mit Wissenswertem ist das dicke Buch von Bernhard Hanneken "Deutschfolk | Volksliedrevival in der BRDDR". Darin stellt er allumfassend die Geschichte des Volkslied-Revivals in beiden deutschen Staaten gegenüber, vergleicht nicht einfach nur. Vielmehr untersucht er darin die soziokulturellen und gesellschaftlichen Bedingungen, beschreibt den Hintergrund von Aktiven und Publikum und analysiert auch die jeweiligen Abhängigkeiten vom politischen Umfeld.

Das außergewöhnlich inhaltsreiche Kompendium und "Nachschlagewerk" kann erfreulicherweise auch gerade noch von jenen gelesen werden, die seinerzeit noch selbst aktiv oder auch nur Zuhörende waren. Wahrscheinlich auch öfters vereint in Rudolstadt - dem Ort, in dem schon seit den 50er Jahren Tanzfeste veranstaltet wurden. Nach einer Corona bedingten Pause hoffen Musizierende aus aller Welt auch im Juli 2022 wieder bei einem Festival zusammenkommen zu können, bei dem seit 1991 der Autor Bernhard Hanneken u. a. auch Programmdirektor war und ist.

Im November 2021 konnten Interessierte nicht nur live, sondern auch an den Bildschirmen an einer seiner bisherigen Buchvorstellungen teilhaben. Auf dem Podium saßen zwei aktive Zeitzeugen und Kenner der Szene: neben Bernhard Hanneken auch noch Manfred Wagenbreth, Musiker und Journalist. Und wer mag und sich gern die Zeit nehmen möchte, kann auch jetzt noch im Nachhinein bei der Präsentation dabei sein oder "Manne" noch immer in Aktion erleben:

Parallel zum Buch legt der Autor Bernhard Hanneken " eine 12er CD-Box mit Aufnahmen aus mehr als 50 Jahren vor. Welch ein seltener musikalischer Schatz. Und als ob das nicht schon genug wäre, beinhaltet die Box außerdem ein eigenständiges und ausführliches Booklet.

Wolfgang Leyn - auch bekannt als Herausgeber des Buches "Volkes Lied und Vater Staat" - hat sich ein paar Rosinen herausgepickt und das beiliegende Heft etwas näher angeschaut: Musikalische Zeitreise durchs Volksliedrevival mit Verweis auf HörProben - zur Verfügung gestellt von Bear Family Records. || Weitere Bezugsquellen:

"Deutschfolk" 12er CD Box zum Buch | Buch: "Deutschfolk" Bernhard Hanneken


Begeisterung für Musik wecken

Auch wenn auf diesen Seiten vorrangig immer wieder Sachbücher vorstellt werden, an dieser Stelle eine etwas andere Empfehlung für all jene, die Lust verspüren, Verständnis und Begeisterung für Musik an unsere Kinder weitergeben zu wollen. Die Rede ist von einem einem Praxismagazin für den Musikunterricht.

Eine der Ausgaben widmet sich dem viel diskutierten Thema „Musik und Emotionen“. Im Heft werden dazu wertvolle Praxisbeiträge und Hintergrundinformationen angeboten. Beispielsweise darüber, wie das Thema abseits der Dur-Moll-Klischees unterrichtet werden kann. Aber auch eine Lerntheke zu Ed Sheeran, eine Lerneinheit zum Song „Alles von der Kunstfreiheit gedeckt“ (Danger Dan) und umfassendes Material zum (coronatauglichen) Klassenmusizieren mit Coldplays „Higher Power“. Und das Schönste: Es liegt dem Heft eine CD mit HörBeispielen bei. Weitere interessante Details auf der Website des Lugert-Verlages: Musik und Unterricht

Ein Website-Verweis führt zu der Podcast-Folge "Film.Musik.Emotionen", in der David Mautz erzählt, wie er mit mit dem Thema Filmmusik seine Schüler*innen im Musikunterricht begeistert. Er verrät, wie er Filme vertont, worauf er dabei achtet und beantwortet unter anderem die Frage, ob Filmmusik wirklich dann am besten ist, wenn sie nicht auffällt.


Mixed Reality und Augmented Reality

Eine weitere Empfehlung, die vermutlich nicht nur für Kunstlehrer*innen interessant sein dürfte. Im Klappentext des Buches ist zu lesen:

"Wir leben in einer 'Mixed Reality', das heißt einer Welt, in welcher sich unterschiedliche Wirklichkeitsebenen zunehmend miteinander vermischen. Die Beiträge eröffnen zahlreiche Möglichkeiten des Einsatzes der Augmented-Reality-Technologie im Kunstunterricht und in der Kulturellen Bildung. Dabei geht es um den Einsatz von Virtualität in bildnerischer Praxis und um deren Verwendung im Rahmen von Kunstbegegnung. Zum Tragen kommen hierbei meist Bereiche und Gestaltungsverfahren, wie Malerei, Zeichnung, Skulptur, Fotografie, Film, Architektur, Montage, Text, Installation, Ausstellung, Inszenierung, Performance, soziale Interaktion und öffentlicher Raum. Diese lassen sich mit virtuellen Wirklichkeitsanteilen vielfältig verknüpfen. Kultur- und medienwissenschaftliche Hintergründe werden erläutert. Ferner zeigen Fallstudien die Umgangsformen mit dieser neuen Technologie im Alltag auf. Ein Glossar mit den wichtigsten Fachbegriffen zum Thema rundet die Darstellungen ab."

Weitere Details zum 400 Seiten dicken Buch Mixed Reality und Augmented Reality im Kunstunterricht von Georg Peez auf der Website des Kopaed-Verlages samt Inhaltsangabe. || Ein Website-Verweis führt zu der Schirn-Podcast-Folge Virtual Reality in der Kunst.



Ich ist der Andere

Wie Leo Fellinger im Vorwort seines Bildbandes schreibt, kann das Reisen die Quelle der schönsten Erlebnisse im Leben sein. Staunen wird zum Dauerzustand, Freude über das eben Erlebte zur lustvollen Orgie. Alles passiert zum ersten Mal. Doch nicht alle Reisen bringen nur Staunen, Freude, Ersterlebnisse, mitunter auch Einsamkeit. Auch sind Suche und Enttäuschung feste Bestandteile des Reisens. Und dann gibt es auch noch Reisen ins Innere der eigenen Seele, bei denen man die verschiedenen Seiten seines ICHs erleben kann.

Lange schon vor Corona hatte sich der Autor auf seinen Reisen immer mal wieder Briefe zu sich selbst nach Hause geschickt. Mutmaßlich deshalb, um später beim Lesen genau darüber zu staunen, welches seiner ICHs seinerzeit besagte Niederschriften verfasste. Das erinnert ein bisschen an sich selbst geschickte Ansichtskarten oder an die Briefe, die eine Siebenjährige im "Alter der Vernunft" im Film "Vergissmichnicht" an sich selbst schreibt; diese aber erst 33 Jahre später zu ihrem 40. Geburtstag öffnen darf.

Anregende Experimente. Und eines davon ist das beeindruckende Reisetagebuch von Leo Fellinger, in dem einst beschriebene "Bilder im Kopf" und Schwarz-Weiß-Fotografien Symbiosen der besonderen Art bilden. Die Musik dazu darf jeweils selbst gedacht oder komponiert werden.

Websites: Leo Fellinger | Otto Müller Verlag || Gedanken des Autors zu "Briefe an mich - ein autobiografisches Reisetagebuch":



Wir sind die Autoren unseres Lebens

So zumindest die Aussage des kleinen Büchleins von Anja Mannhard zum Thema "Biografiearbeit".

Arbeit? Ja, Arbeit. Aber eine, die durchaus auch Spaß machen kann. Dann, wenn es möglich wird, sich spielerisch-kreativ mit der eigenen Biografie auseinanderzusetzen - auf Spurensuche gehen zu wollen.

Unsere Biografie besteht aus so vielen Momenten, an die wir uns dann und wann erinnern. Sie bilden die Basis für unser Fühlen und Handeln im JETZT und in der ZUKUNFT. Und wenn "Biografiearbeit" dabei helfen kann, dem GESTERN einen Sinn zu verleihen, ist und bleibt das die beste Voraussetzung für ein gelassenes und auch glücklicheres Leben.

LeseProbe sowie weitere Details auf der Website von Scorpio || Passend dazu zwei BuchTipps mit LeseProben bei jeweiligem CoverKlick - erschienen bei Beltz:

Das Buch mit Beiträgen von Hansjörg Auer, Gesine Hirtler-Rieger, Erika Ramsauer und Silvia Ruhland wirft einen frischen und ermutigenden Blick auf das Leben in all seinen Facetten. 34 Fachleute, erfahren in Beratungs- und Bildungsarbeit, präsentieren in der Praxis erprobte Impulse und Methoden für die Gruppenarbeit wie für die Eigenbeschäftigung zu Hause. Eine ressourcenorientierte Perspektive steht dabei im Mittelpunkt: auf die kleinen, unscheinbaren Dinge des Lebens, Tagesabläufe, alltägliche Beziehungen oder auf gesellschaftliche Rituale. Vielfältige kreative Methoden tragen dazu bei, Aspekte der eigenen, ganz persönlichen Geschichte in ein neues Licht zu rücken und Leser*innen zur aktiven Selbstfürsorge zu befähigen. Dreh- und Angelpunkt dabei ist der wertschätzende Blick auf die Vergangenheit, der es ermöglicht, das Leben im Hier und Heute zu reflektieren und die Zukunft selbstbewusst zu gestalten. Das Buch regt an, Neues tatkräftig auszuprobieren. Es macht aber auch schlichtweg Freude, nach Herzenslust darin zu schmökern, sich von den Texten berühren und zum Weiterdenken einladen zu lassen. | Beltz PT

Zukunft braucht Herkunft: Eine kritische Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, mit dem, was gut war, und mit dem, was nicht gut war. Doch auch dreißig Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung wird darüber geschwiegen, welche seelischen Folgen die DDR durch autoritäre Erziehung, den Rückzug ins Private, das Leben in Scheinwelten, Überwachung, Flucht und Verlust der Heimat für Millionen Deutsche bis heute hat. Aber die Seele kennt keinen Schlussstrich! Der Therapeut Udo Baer, selbst in der DDR aufgewachsen, begibt sich anhand vieler Gespräche auf die Suche nach diesem DDR-Erbe in der Seele. Er findet nicht nur ein selbstverständliches Selbstbewusstsein vor allem bei Frauen, sondern tabuisierte Ängste, Trauerverbot und Traumata bei vielen Menschen. Diese Erfahrungen müssen endlich gewürdigt werden. Nur wenn in den Familien und in unserer Gesellschaft über die inneren Spuren gesprochen wird, wird deren Weitergabe an die nächste Generation unterbunden. Nur dann können alle Deutschen in eine gemeinsame Zukunft gehen. | Beltz PT

Ergänzend die Empfehlung hin zu einer Website, deren Inhalte ebenso motivieren, inspirieren und zum spielerisch-künstlerische Umgang mit der eigenen oder der Biografie Nahestehender einladen, selbst oder gemeinsam aktiv zu werden. Analog, multimedial und virtuell: Rund-um-die-Biografie



Vom Aufstehen | Ein Leben in Geschichten von Helga Schubert

1940 geboren in Berlin gehört sie zur Generation mit Verlust der Kindheit durch die Traumatisierung der Elterngeneration. Deshalb auch erzählt sie in ihrem Buch von traurigen Gefühlen, vom Kind und Muttersein, vom komplizierten Verhältnis zu ihrer Mutter, mit der sie erst vier Jahre nach deren Tod wirklich Frieden schließen konnte. Sicher auch deshalb, weil sie im eigenem Alter mehr und mehr erkannte, was die Mutter ebenfalls an so viel Schwerem durchmachen musste. Was wiederum zu ihrer Aussage passt, nichts im Leben nur einseitig zu sehen. Denn oftmals sind es ja gerade die einseitigen Sichten, die Menschen in Schwierigkeiten bringen oder ihnen Probleme machen. Gespräche über Erinnerungen oder Gegenbeispiele gegen die jeweilig gerade festgefahrene Meinung über andere oder sich selbst können deshalb helfen, Menschen wieder ins Gleichgewicht zu bringen.

In einem ihrer zahlreichen Interviews zum Buch sagte Helga Schubert als eine Frau, die zwar mit Distanz auf die Welt schaut, sich dabei aber niemals distanziert, dass es eine Lebensschule sei, in einer Diktatur gelebt zu haben, weil man darin mehr, als man sollte, Menschen beobachtet - tiefer in sie schaut. Was aber leider auch eine Last und Beschwernis der Seele sei, die zumindest sie mit in die offene Gesellschaft geschleppt hätte.

Helga Schubert studierte an der Humboldt-Universität Berlin Psychologie. In der Folge arbeitete sie als klinische Psychologin, Psychotherapeutin und freie Schriftstellerin in der DDR und bereitete sogar als Pressesprecherin des Zentralen Runden Tisches die ersten freien Wahlen mit vor. Nach zahlreichen Buchveröffentlichungen zog sie sich aus der literarischen Öffentlichkeit zurück, bis sie 2020 mit der Geschichte "Vom Aufstehen" den Ingeborg-Bachmann-Preis gewann. Welch' eine Freude und späte Genugtuung für Helga Schubert. Warum? Siehe Beitrag bei DR Kultur ...

Es macht ganz großen Spaß, ihre zutiefst menschlichen und von ganzem Herzen kommenden Texte zu lesen. Sind sie doch geprägt vom genauen Hinhören und Beobachten. Und obwohl sehr persönlich sind sie immer auch erstaunlich universell. Davon zeugen nicht zuletzt auch ihre Filmszenarios und Drehbücher oder Hörspiele. Die beiden DEFA-Filme "Die Beunruhigung" von 1981 und "Ab heute erwachsen" von 1985 sind auf dem Online-Portal von Progress bei einer Registrierung im Vorschaumodus in Gänze nachzuschauen. Empfehlenswert auch die filmische Dokumentation von 1990 "Klassentreffen - Die geteilte Klasse"

Weitere Details samt Pressestimmen auf der dtv-Verlagsseite | LeseProbe




überland | 100 Jahre Kunst in Thüringen

Es bleibt zu wünschen, dass eine faszinierende Ausstellung - geprägt von Umbrüchen, Verlust und Neuanfang - ab September 2021 noch einmal für drei Monate in Recklinghausen, der Partnerstadt von Schmalkalden, zu sehen sein wird. Eine Sonderausstellung, die anlässlich der 100-Jahrfeier zum Bestehen des Freistaates Thüringen im Jahr 2020 der Kunstverein Schmalkalden organisierte und an vier Orten der Stadt präsentierte.

Der dazu gleichnamig erschienene Katalog bietet auf 260 Seiten neben detaillierten Überblicksdarstellungen zum Thema von Ulrike Pennewitz und Kai Lehmann 90 Einzelstudien zu 93 Künstler*innen aus den Bereichen Malerei, Grafik, Skulptur, Fotografie und Installation mit jeweils einem Kurztext und einer ganzseitigen Abbildung. Auf diese Weise wird ein breites Panorama künstlerischer Handschriften und stilistischer Ausprägungen sichtbar, das einen Bogen von 1920, nach der Gründung des Staatlichen Bauhauses in Weimar, bis in die Gegenwart schlägt, in der zahlreiche Absolventen der Bauhaus-Universität Weimar in Erscheinung treten. Der Ausstellungskatalog macht ganz große Lust auf weiteres Entdecken von Unbekanntem und dem Neubetrachten von anscheinend Vertrautem.

Auf der Website des Otto Müller Museums der Moderne erinnern Video- und Audiobeiträge an die Sonderausstellung in Schmalkalden 2020. Weiterführende Weblinks: Mitteldeutscher Verlag | Der Kunstverein „kunst heute" Schmalkalden e. V. | Otto Müller Museum der Moderne | Museum Schloss Wilhelmsburg | Kunsthalle Recklinghausen




Strawalde | Jürgen Böttcher

Bereits 2018 wurde der bedeutende bildende Künstler Strawalde und mehrfach ausgezeichnete Regisseur Jürgen Böttcher in einer großen Ausstellung in der Städtischen Galerie Dresden gewürdigt. Ans Herz zu legen sei in dem Zusammenhang ein bei Sandstein erschienener Ausstellungskatalog samt einer vom Verlag zur Verfügung gestellten und breit angelegten LeseProbe. Diese macht nicht nur neugierig auf das Buch, sondern auf die angenehm eigenwillige Künstlerpersönlichkeit als solche, die im Juli 2021 ihren 90. Geburtstag feiern durfte.

Das ist Anlass genug, die Würdigung des so vielseitigen Künstlers Strawalde | Jürgen Böttcher in der Stadt seiner künstlerischen Wurzeln fortzusetzen. Dieses Mal im Dresdner Leonhardi Museum, welches seine Arbeiten auf Papier zeigt: “STRAWALDE | Blätter aus der Zeit“ .

Aber auch die Öffentlich-rechtlichen Medien ehren 2021 im längst vereinten Deutschland mit interessanten Dokumentationen und einer Feature-Wiederholung einen Mann, der von sich selbst mal sagte, dass er sich einst wie ein "verkrüppelter Internationaler" vorkam. Trotzdem hatte sich Jürgen Böttcher in der DDR verbunden gefühlt mit neuen Versuchen in der Welt - so in Kuba, Nicaragua und Chile. Und obwohl Böttcher an seinen eigenen Kriegserfahrungen fast kaputt gegangen wäre, war da immer diese Hoffnung darauf geblieben, dass die Welt sich dreht und mehr Gerechtigkeit kommt. Auch wenn die Illusionen dann zunehmend schwanden, blieb er sich trotzdem treu in seiner einmal eingeschlagenen Richtung. Was übrigens viele so nicht vermuten würden: Jürgen Böttcher wollte ursprünglich auch schon mal Sänger werden.

Detaillierte Angaben zum Ausstellungskatalog finden Sie auf der Website des Sandstein Verlages. Zum Porträt Strawalde | Jürgen Böttcher




UNESCO-Welterbe Montanregion Erzgebirge/Krušnohoří

Die Bergbaugeschichte im Erzgebirge geht zurück auf erste Silberfunde im Jahr 1168 in der Nähe der heutigen Stadt Freiberg. Seitdem siedelten sich Bergleute, Handwerker, Kaufleute und Abenteurer in der Region an. Insbesondere von 1460 bis 1560 war das Erzgebirge die wichtigste Quelle für Silber in Europa, das hier noch bis 1968 gefördert wurde. Neben Silber wurden auch Zinn sowie weitere metallische Rohstoffe wie Blei, Eisen, Kobalt, Uran und Nickel als auch nichtmetallische Rohstoffe wie Kalk, Kaolin, Ton und Steinkohle im Erzgebirge abgebaut.

In der Produktion von Blaufarben war das Erzgebirge bis zum 18. Jahrhundert europäischer Marktführer. Davon zeugen heute noch das Schneeberger Bergbaugebiet und das Blaufarbenwerk "Schindlers Werk". Das jüngste von ehemals fünf Blaufarbenwerken wurde 1650 von Erasmus Schindler erbaut. Es steht in Zschorlau, im Tal der Zwickauer Mulde. Der erhaltene originale Denkmalbestand repräsentiert den hier als eigenes Gemeinwesen gegründeten Hüttenstandort mit Produktionsgebäuden, Funktionsgebäuden und Wohnhäusern. Das Herrenhaus und das Magazin sind zwei der charakteristischsten und ältesten Blaufarbenwerksgebäude Sachsens.

Wie die Herstellung von Blaufarben erfolgte wurde zur zentralen Frage des Buches. Herausgegeben wurde es von Mike Haustein - u. a. auch Vorsitzender des Fördervereins »Schindlers Blaufarbenwerk e.V." sowie Preisträger des Sächsischen Landespreises für Heimatforschung. Gewürdigt wurde bei der Vergabe vor allem seine umfangreiche Aufarbeitung erzgebirgischer Montangeschichte. Einer Geschichte, die für Nachfahren, deren Vorfahren in gleich mehreren Generationen in dieser Erzgebirgsregion lebten und im Blaufarbenwerk arbeiteten, noch mal zu einer ganz besonderen wird. Dann, wenn sich beim Lesen beispielsweise herausstellt, dass Teile von Beschreibungen im Buch mit Aufzeichnungen in einer Familienchronik des Urgroßvaters von 1950 übereinstimmen - die Neugierde wächst und einem mitunter noch die Lust aufs Mitsingen des "Feieromd-Lieds" überkommt: "Feieromd" gesungen von Anton Günther 1929

Weiterführende Weblinks und Quellen rund um ein hoch interessantes Buch, welches zu einem Besuch einlädt ins Schindlerswerk, welches den einzigen in wesentlichen Teilen noch in Gänze erhaltenen Produktions- und Wohnkomplex eines ehemaligen Blaufarbenwerks darstellt: Förderverein Schindlers Blaufarbenwerk | UNESCO-Welterbe Montanregion Erzgebirge/Krušnohoří | Deutsche Stiftung Denkmalschutz | Wiki | Blaufarbenwerk | Feieromd | Details zum Buch beim Mitteldeutscher Verlag




Zeit- und deutsch-deutsche Musikgeschichte

Der MDR widmet Tamara Danz im August '21 anlässlich ihres 25. Todestages einen Fernsehabend. Vorrangig mit Blick auf die ostdeutsche Rockmusik, wovon damals ein großer Teil im DDR-Funkhaus nicht nur produziert, sondern von dort aus natürlich auch ausgestrahlt wurde. In filmischen Beiträgen geht es um eine ostdeutsche Ikone, um Distanz und Nähe zu einem politischen System, um Popkultur, um die Annäherungen zwischen Deutschland Ost und Deutschland West, um den Niedergang eines Staates, einen Neubeginn nach der Wende und natürlich um viel Musik. Paar Tage später veranstaltet Silly eine Lesung mit Musik in der Gemeinde Hoppegarten; für viele eine emotionale Zeitreise. Das zumindest lassen die Einträge auf Sillys Facebook-Seite am 7.8.2021 oder auch ein RBB-Abendschau-Beitrag vermuten. Im YouTube-Video zu sehen ist auch der Buchautor Wolfgang Martin. Im heutigen "Funkhaus Berlin" erinnert er an das Jahr 1978, in dem ein westdeutscher Produzent in den Studios des DDR-Rundfunks die erste Silly-Platte produzierte.

Rocklegende Tamara Danz

An diese außergewöhnliche Frau erinnern auch der Journalist Alexander Osang und der ehemalige DDR-Rundfunk-Musikredakteur in ihren jeweiligen Büchern:

Paradiesvögel fängt man nicht ein | Link u. a. auch zu einer Leseprobe

Tamara Danz | Legenden || Link zur LeseProbe

Die charismatische Rocksängerin starb 1996 mit nur 43 Jahren an Krebs. Ein filmisches Denkmal setzt ihr u. a. die MDR Doku in der Reihe "Legenden" + "Tamara Danz | Raus aus der Spur". 25 Jahre nach ihrem Tod schafft es Tamara Danz in die ARD-Sendung ttt .

Paradiesvögel fängt man nicht ein | Hommage an Tamara Danz“ - ein Buch von Wolfgang Martin samt Erinnerungen von Weggefährt*innen. Nicht nur ein lesenswerter Mix über Tamaras Biografie und Historie der Band, sondern immer auch Zeitgeschichte pur. Denn nicht nur in DDR-Zeiten legte Silly mit kritischem Blick zur jeweiligen Lage der Nation höchsten Wert auf die eigene Meinung. Auch dann noch, wenn mitunter von westlicher Seite schlagereske Gegenvorschläge kamen. Dazu O-Ton Tamara Danz: "Wir dachten Textkontrollen sind vorbei. Dabei haben sich nur die Vorzeichen geändert. Im Osten waren ideologische - jetzt sind es kommerzielle Zwänge" (siehe auch Buchseite 157). Weitere Details zum Buch auf der Website des Verlages "Bild und Heimat" sowie auf der Website von radio eins.

Im Buch "Tamara Danz | Legenden" geht Alexander Osang, der das letzte Interview mit ihr führte, der Frage nach, wer Tamara Danz eigentlich war und was sie in den Köpfen ihrer Freunde und Feinde hinterlassen hat. Er sprach mit Liebhabern und Rivalinnen, mit Managern und Politikern, mit Kollegen und Ärzten. Entstanden ist ein facettenreiches Porträt, das zugleich Auskunft gibt über menschliches Verhalten in einer Zeit schwieriger Umbrüche. Weitere Detail zum Buch auf der Website des Ch. Links-Verlages




Darf man das noch sagen? Ossi?

So die Frage der Autorin Valerie Schönian, als sie den Entwurf für das Cover ihres Buches erstmals sah. Sie musste sich entscheiden: "Lasse ich das wieder streichen? Oder nicht? Will ich das sein? Ein Ossi?"

Eigentlich haben alle genug von dem Ausdruck. Er erinnert Westdeutsche daran, dass Deutschland mal ein geteiltes Land war. Und Ostdeutsche an die Vorurteile, die ihnen entgegengebracht werden. Stellt man sich unser Denken als riesengroßen Schrank voller Schubladen vor, sind die Dinge, die im Ossi-Fach liegen, keine, die man sich gegenseitig im Freundschaftsbuch attestiert. Jammern, komischer Dialekt, Faible für Runenschriftpullis. Seit einiger Zeit auch das Tragen von Fischerhüten in Schwarz-Rot-Gold. Weiterlesen in der Lesprobe des Piper-Verlags.


Die Autorin Valerie Schönian zu ihrem Buch "Ostbewusstein"


Bei der ersten virtuellen Buchmesse 2020 spricht Ben Hänchen in aller Ausführlichkeit mit der Journalistin Valerie Schönian: Interview MDR Kultur & Audiothek

Katja Bigalke und Marcus Richter im Gespräch mit Valerie Schönian und Thomas Ahbe: Medien über Ostdeutschland: 50 Shades of Grey

Josa Mania-Schlegel im Gespräch mit Mirjam Kid: „Ostdeutsche fühlen sich davon nicht angesprochen




LeseProbe öffnet sich bei Klick auf das Cover.

Die Macht der Plattformen | Politik in Zeiten der Internetgiganten"

Was Leser*innen inhaltlich erwarten dürfen, ist zunächst ganz grob auf der Rückseite des Buches wie folgt zusammengefasst | Auszug:

"Plattformen sind mehr als Unternehmen, sie sind die Herrschaftszentren unserer Zeit. Facebook, Google und Amazon ersetzen Marktplätze und öffentliche Räume, doch sie entscheiden darüber, wer sich dort aufhalten darf und welche Regeln gelten. Von Staaten sind sie kaum zu kontrollieren, sie agieren selbst wie welche. Mehr noch: Plattformen stellen gängige Konzepte von Kapitalismus, Eigentum und Demokratie in Frage. Michael Seemann zeigt, was Plattformen ausmacht, woher ihre Macht kommt, wie sich mit ihnen umgehen lässt und welche Zukunft sie haben."

Nicht sofort kann das ganze Ausmaß dessen erfasst werden, was es mit der erstaunlichen Macht der sich ständig wandelnden Internetgiganten überhaupt auf sich hat. Vieles im Buch Beschriebene wird einem erst allmählich - möglicherweise auch erst mal nur ansatzweise bewusster. Mehr noch, wenn man dem Autor und Kulturwissenschaftler Michael Seemann selbst in Gesprächen zuhört oder -schaut. Oder ergänzend dazu auch beim Anschauen eines ttt-Beitrags | bis Juli 2022 abrufbar | zumBuch Inside Facebook | Die hässliche Wahrheit. Sheera Frenkel und Cecilia Kang geben darin einen Einblick in die Strukturen und Entscheidungsprozesse des Online-Giganten Facebook.

Weiteres zum Buch und damit zu Plattformen, die laut des Autors politisch offen und damit im Guten wie im Bösen gestaltbar bleiben, u. a. auf den Websites von Michael Seemann und Ch. Links Verlag




“Eine Prise Funkgeschichte – Fünfzig Geschichten aus hundert Jahren Rundfunk”

Die drahtlose Übertragung von Musik und Informationen ist heute allgegenwärtig. Doch der Siegeszug dieser Technologie begann erst vor hundert Jahren mit der Übertragung eines Weihnachtskonzerts vom legendären Funkerberg in Königs Wusterhausen bei Berlin.

Rainer Suckow erzählt in fünfzig unterhaltsamen Geschichten von prägenden Menschen, Ereignissen und Orten der Hörfunkgeschichte. Er lässt seine Leser den rasanten Fortschritt miterleben, der nicht nur von neuen technischen Möglichkeiten getrieben wurde, sondern vor allem vom stetig wachsenden Bedürfnis der Menschen nach Unterhaltung und aktuellen Informationen.

Gleichfalls der BuchTipp von Jörg Wagner, freier Medienjournalist und ehemaliger DDR-Rundfunkkollege | Funkhaus Berlin Nalepastraße

LeseProbe des Verlags | be.bra verlag



Zur LeseProbe über Coverklick

Griff nach den Sternen

Seit dem spektakulären Fund der Himmelsscheibe von Nebra, der ältesten konkreten Darstellung des Himmels, ist bekannt, dass auch in Mitteleuropa vor fast viertausend Jahren eine Kultur blühte, die nach den Sternen griff. Harald Meller und Kai Michel zeigen in ihrem neuen Buch wie Archäologen immer neue Kontakte zwischen den Kulturen aufdecken. Und sie präsentieren die neuesten Erkenntnisse der Forschung darüber, auf welche Weise das Wissen der Himmelsscheibe nach Nebra gelangt sein könnte.

Im Buch - bereits erschienen im Mai 2021 bei Propyläen - haben Harald Meller und Kai Michel es schon vermutet, nun wird es tatsächlich Wirklichkeit: Die Himmelsscheibe von Nebra - natürlich als Kopie - wird mit ESA-Astronaut Matthias Maurer ins Weltall fliegen. Das im November 2021: Beginn der Mission „Cosmic Kiss“, deren Logo ebenfalls der Himmelsscheibe nachempfunden ist.

Für die Buchautoren schließt sich damit ein besonders beeindruckender Kreis: „So wie die Himmelsscheibe das uralte Verlangen der Menschen nach den himmlischen Sphären dokumentiert, zeigt die Weltraum-Mission ihrer Kopie, wie weit uns dieses Begehren gebracht hat." Details: Ullstein-Verlage + Buchtrailer

Die Autoren Harald Meller und Kai Michel stellten bereits 2018 ihr Buch "Die Himmelsscheibe von Nebra" über den "Schlüssel zu einer untergegangenen Kultur im Herzen Europas" erstmals einem breiten Publikum im Berliner Gropius Bau vor: an einem Ort, in dem das Museum für Vor- und Frühgeschichte und der Verband der Landesarchäologen die Ausstellung „Bewegte Zeiten. Archäologie in Deutschland“ anlässlich des Europäischen Kulturerbejahres 2018 noch bis Januar 2019 zeigten.

Besagte Erwähnung fand dieses Buch ebenso im Beitrag "Arche Nebra" unter der Rubrik "Bilder | KulturTour | Erlebnis Romanik und Wein" 2019 auf dieser Website.

Passend dazu zwei Wanderführungen der etwas anderen Art von der Rheinländerin Nikola und der Tirolerin Andrea Slavik. Zusammen schreiben sie spirituelle Wanderbücher wie diese und bieten ihre Begleitung zu Kraftorten in der Natur an.

Beide Bücher sind erschienen beim Mitteldeutschen Verlag:



Sind wir uns wirklich einig?

An die Beantwortung dieser Frage tasten sich die ostdeutsche Ilka Wild | Jahrgang 1971 und die westdeutsche Carolin Wilms | Jahrgang 1969 in einem gemeinsamen Buch ganz sachte heran. Sie haben dabei ihre Beobachtungen und Eindrücke zu Themenkreisen wie Mauerfall, Alltag bis Berufswahl, Karrieremöglichkeiten und Pandemie aufgeschrieben, zeigen regionale Unterschiede auf, die aufgrund der verschiedenen Sozialisationen bis heute nachwirken oder allmählich verschwimmen.

Ergänzt seien die Geschichten der beiden Buchautor*innen einer deutsch-deutschen Beziehung durch die Erzählungen von Eingewanderten und deren Nachkommen in Deutschland, die bis heute eher selten beachtet werden, obwohl sich mit dem Fall der Mauer ganz selbstverständlich auch ihre Lebensbedingungen stark veränderten.

Das Online-Projekt „Deutsche Einheit lnterkuIturell” will das ändern mit Erinnerungen, Perspektiven und Geschichten von Eingewanderten und deren Nachkommen. Das Website-Angebot bricht damit eine rein nationalgeschichtliche Perspektive auf und fördert somit die Auseinandersetzung mit der Pluralität der Erinnerungskulturen in unserer Gesellschaft.

Details zum Buch beim Mitteldeutschen Verlag | Deutsche Einheit Interkulturell



Herbert Köfer feiert seinen 100. Geburtstag

Herbert Köfer darf 2021 ältester aktiver Schauspieler der Welt genannt werden. Ein Mann, der damit Schauspielgeschichte schreibt.

Er ist ein Mensch, der es schon immer verstand, einen ganz bestimmten Nerv bei seinem Publikum zu treffen, denn er hat was zu sagen. Und das selbst jenen, die über Schwänke und "Kleine-Leute-Geschichten" die Nase rümpfen. Und dass Herbert Köfer die Bezeichnung "Charakterdarsteller" verdient, zeigten nicht zuletzt solche Filme wie beispielsweise "Nackt unter Wölfen" oder "Wolf unter Wölfen". Es gibt aber auch jene, die einfach nur den charmanten Plauderer, den singenden und Geige spielenden Herbert Köfer schätzen.

Der erkennbar im Herzen Kind und jung Gebliebene sortierte zu keiner Zeit seine Arbeit in Schubläden ein. Denn Vielseitigkeit im Schauspielerberuf war für ihn immer Grundvoraussetzung und Selbstverständlichkeit.

Im Buch ist u. a. auch zu lesen, dass nach der Wende ein Journalist den Einfall hatte, die beliebte Hörspielserie "Neumann, 2x klingeln" bei Radio DDR I zur "Lindenstraße des Ostens" zu erklären. Zumal es die "Neumanns" mit einer Laufzeit vom 3. Februar 1968 bis 12. Januar 1983 immerhin zu insgesamt 678 Folgen brachten und 1984 das Hörspiel sogar vom Fernsehen der DDR verfilmt wurde. LeseProbe | Eulenspiegelverlag | Herbert Köfer wird 2020 für sein Lebenswerk geehrt

Wenn man aufsteht, wird die Verbeugung tiefer

Anekdoten, bewegende Erlebnisse und legendäre Kommentare aus neun Jahrzehnten vereint in einem Buch von Heinz Florian Oertel.

Das Geleitwort dazu kommt übrigens vom einstigen Sprecher der „Aktuellen Kamera“, Klaus Feldmann, der 1955 ein Praktikum in der Sportredaktion des DDR-Rundfunks absolvierte. Für Klaus Feldmann damals eine nicht zu bezahlende "Lernzeit" an der Seite seines Mentors und Sportreporters Heinz Florian Oertel.

"HFO" war es, der bis zum Mauerfall als Rundfunkreporter und Kommentator im Fernsehen vermochte, Millionen Zuhörer und Zuschauer von ihren Sitzen zu reißen. Er war fast überall dabei, wo DDR-Sportler für Rekorde und Siege kämpften. Nicht zuletzt deshalb wird Oertel immer auch mit dem Aufstieg der DDR zur Sportnation verbunden bleiben.

17 Mal wurde er vom DDR-Publikum zum "Fernsehliebling des Jahres" gewählt. Und das nicht nur wegen seiner Emotionalität und Wortwitzes, sondern vor allem auch aufgrund seiner Fachkenntnis. Oertel legte immer ganz großen Wert auf die Pflege seines Handwerkszeuges, die Sprache, wozu ein umfangreicher Wortschatz und Gebrauch von Synonymen gehörte, den er zuweilen schmerzlich vermisst bei aktuellen Reportagen.

Heinz Florian Oertels Reportagen in Radio und Fernsehen von Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen sind bis heute Kult. LeseProbe | Verlag neues leben

Was mir wichtig ist

Ob sich Täve Schur auch noch dran erinnert, dass Heinz-Florian Oertel 1955 im Warschauer Stadion für ihn sang, als er zu seinem ersten Friedensfahrt-Sieg hetzte? Eins darf an dieser Stelle verraten werden: Der Radrennfahrer, Weltmeister und Friedensfahrtsieger feiert am 23. Februar 2021 seinen 90. Geburtstag. Und in folgendem Zitat verspricht er gar, auch noch Hundert zu werden:

"Der Mensch bewegt sich nicht weniger, weil er alt ist. Er wird alt, weil er sich weniger bewegt. Also: beweg dich!"

Gustav-Adolf Schur ist ein Mensch, der sich bereits als Europäer verstand, noch bevor die EU überhaupt gegründet wurde. Denn schon in den 50er und 60er Jahren des letzten Jahrhunderts war er als Radsportler auf den Straßen des ganzen Kontinents unterwegs. Er kennt sich aus in der Welt, aber auch daheim. Was nicht verwundern mag, so er doch mehr als acht Jahrzehnte lang als Sportler und als politischer Mensch Erfahrungen sammeln konnte. Er hat sich sowohl als Volkskammer- als auch als Bundestagsabgeordneter immer für den Volkssport und die Interessen der Bürger engagiert.

In bewegten Zeiten, in denen viele nach Orientierung suchen, schreiben ihn bis heute Landsleute an. Sie bitten ihn oftmals um Rat und Meinung. Viele Antworten finden sich im Buch wieder, weil er mit dem Briefeschreiben nicht mehr nachzukommen scheint.

LeseProbe | Verlag neues leben

Langsame Entfernung

"Alles wird nichts, wenn es da nicht die eine Zeile gibt, die von selber singt." So die Schriftstellerin Gisela Steineckert, als sie u. a. in einer Talkrunde davon erzählt, wie ihr die Titelzeile zu Dirk Michealis' wohl bekanntestem Liebeslied "Als ich fortging" in den Sinn kam und von da an nicht mehr losließ. Augenblicklich schien es ihr ganz leicht zu fallen, bis dahin gerade selbst gemachte Lebenserfahrungen und Erkenntnisse in den Liedtext einfließen zu lassen, wie beispielsweise diese

"Nichts ist unendlich, so sieh das doch ein, auch die Trauer wird dann sein, schwach und klein."

Das war 1986. Dreieinhalb Jahrzehnte später darf Gisela Steineckert - wie auch ihr Freund Täve Schur - ihren 90. Geburtstag feiern. Und das mit einem weiteren ihrer inzwischen so zahlreich erschienenen Büchern.

Mit "Langsame Entfernung" wagt Gisela Steineckert eine Art Lebensrückschau, die sich bei ihr nicht nur in harmonischen Erinnerungen verliert, sondern auch Konflikte nicht ausspart oder gar kleinredet. Mitnichten.

Ein paar ergänzende Gedanken dazu noch aus der Ankündigung des Verlages: “Die tiefsten Wünsche, die bewegendsten Erinnerungen, die schönsten Augenblicke, die peinlichsten Momente, die kleinen Ziele und die großen Träume – nichts Menschliches ist Gisela Steineckert fremd und keine ihrer an- und aufrührenden Erinnerungen geht an ihren Lesern vorbei. Sie findet stets den Punkt, an dem der Leser herausgefordert wird, sodass ein anregender Dialog entsteht. Egal, ob sie über Männer, Frauen, Familie, die Liebe oder das Alter reflektiert oder sich zu politischen Ereignissen und zur Geschichte ihrer Stadt, ihres Landes verhält."

Für Gisela Steineckert - so schon mal eine frühere Aussage von ihr - bedeute Glück vor allem eins: "Ein Liebesverhältnis zu Liedern, Stimmen und Leuten."

Website des Verlages neues leben + LeseProbe || Website von Gisela Steineckert sowie Websites von nur einigen wenigen gebürtigen DDR-Sänger*innen, für die Gisela Steineckert inzwischen tausende von Liedtexten schrieb. Darunter schrieb sie allein für Jürgen Walter 400: Jürgen Walter | Dirk Michaelis | Veronika Fischer




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LeseTipp:

Rezension von Sarah Zapf zum Reisebuch "Ich ist der Andere": Mein Brieffreund| Süddeutsche Zeitung




Helga Schuberts neuer Erzählband "Vom Aufstehen | Ein Leben in Geschichten" bei "Druckfrisch"

Katja Weise im Gespräch mit Helga Schubert bei NDR Kultur à la carte




Der Transformations­prozess in Ost­deutsch­land in Folge der Friedlichen Revolution ist 30 Jahre nach der Vereinigung um­stritten wie nie zuvor. Die um­fassen­den Um­wälzungen von Diktatur und Plan­wirt­schaft hin zu Rechts­staat, Demokratie und Markt­wirt­schaft waren beispiellos. Alle Beteiligten betraten damals Neuland.* Dazu passend auch ein AnschauTipp:

Screenshot-Link zur MDR-Doku "Was will der Osten"




DEFA-Verbotsfilme

Die Schauspielerin Jutta Hoffmann, die in einem dieser Filme eine junge Lehrerin spielte, durfte im März 2021 ihren 80. Geburtstag feiern. Zu Beginn des Filmes "Karla" sagt sie zudem etwas, was aktueller nicht sein könnte: endlich zu lehren, wie man lernt, in größeren Zusammenhängen zu denken und immer in die Tiefe zu gehen.

Zur Filmvorschau auf Progress-Online

Rainer Kruggel von radioeins erinnert an diese wunderbare Frau & Schauspielerin und an einen ihrer frühen Filme, die erst 1990 veröffentlicht wurden: "Karla"DDR|1966. Ergänzend dazu ein cre-aktiver Rückblick: FilmDVD | Kaléidoscope

Zu einem der verbotenen Filme in der DDR gehört auch "Jahrgang 45" von Jürgen Böttcher. Mehr zu einem großen Künstlern der DDR auf dieser Website: Strawalde | Jürgen Böttcher